Bürgerinitiative Wald

Zwei Gutachten, zwei Ergebnisse

Obsteiger Gemeinderat beschließt diesen Donnerstag erneut Hühnerfarm

In der letzten Gemeinderatssitzung wurde, die bei den Bewohnern des betroffenen Weilers Wald in Obsteig höchst umstrittene Umwidmung für eine Hühnerfarm mehrheitlich beschlossen (die RUNDSCHAU hat berichtet). Nun steht für die Sitzung am Donnerstag, dem 29. April, die Beratung und Beschlussfassung der eingegangenen Stellungnahmen und eines positiven Gutachtens auf der Tagesordnung. Ein zweites, laut Bürgermeister zu spät eingereichten Gutachten, kommt jedoch zu einem ganz anderen Schluss und warnt vor der Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung durch die Hühnerfarm.

Von Agnes Dorn

Neben den eingereichten Stellungnahmen zur geplanten Hühnerfarm im Obsteiger Weiler Wald sind es wohl vor allem die beiden Gutachten, denen der an diesem Donnerstag tagende Gemeinderat seine Aufmerksamkeit schenken wird und die beide der RUNDSCHAU vorliegen: Zum einen jenes der Landesabteilung Forst, das sich den zu erwartenden Gerüchen und Feinstäuben, zum anderen jenes des Sprengelarztes Stefan Oberleit, das sich den zu erwartenden gesundheitlichen Folgen für die Weilerbewohner gewidmet hat. Gleich vorweg: Die Ergebnisse, zu denen die jeweiligen Experten kommen, sind genau gegensätzlich. So lautet das Resümee von Walter Egger, Abteilung Forst, wie folgt: „Aus immissionsfachlicher Sicht (Geruch und Staub) sind durch den Betrieb des geplanten Geflügelstalls auf Basis der vorliegenden Unterlagen in der Wohnnachbarschaft keine erheblichen Belästigungen zu erwarten. Der Standort wird daher aus fachlicher Sicht als geeignet angesehen.“ Bei der Expertise des Sprengelarztes klingt das dagegen ganz anders: „Neben der medizinischen Gefährdung durch Keime und Pilze sehe ich auch noch eine deutliche Geruchs- und Lärmbelastung für die Bewohner des Weilers Wald. Als Sprengelarzt kann ich nur der Gemeinde empfehlen, solche großen Geflügelzuchtanlagen außerhalb des Ortsgebietes anzusiedeln, wie das in anderen Bundesländern sogar vorgeschrieben ist.“

GERUCHSAUSBREITUNG.
Doch wie kann es sein, dass zwei Experten zu solch unterschiedlichen Resultaten kommen? Einer der Gründe ist 28./29. April 2021 in der jeweils dem Gutachten zugrundeliegenden Anzahl des Geflügels zu finden: So geht das Gutachten der Forstabteilung von maximal 843 Puten aus, welche sich aus den Einreichplänen für das Stallgebäude ergeben. Die Expertise des Sprengelarztes dagegen kalkuliert mit 7000 bis 8000 Geflügeltieren, die laut Richtlinien von Bio Austria auf diesem Standort möglich wären. Laut Betriebskonzept des Betreibers strebt dieser eine betriebliche Entwicklung in den nächsten fünf bis zehn Jahren mit einer Vermarktung von 10000 Stück Hennen, 1800 Stück Puten, 10000 Stück Enten und 500 Stück Perlhühner in Bioqualität pro Jahr an. Sollte er sich nun an die Obergrenze von 843 Stück Puten halten, würde sich daraus laut Geruchsausbreitungsberechnung der Forstabteilung folgende Situation ergeben: Für die nächstgelegenen Wohngebäude wurde eine Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden von fünf beziehungsweise 6,3 Prozent berechnet, die damit deutlich unter den maximal zulässigen Immissionswerten der deutschen Geruchsimmissionsrichtlinie liegt. In Österreich gebe es gar keine verpflichtenden Immissionswerte, erklärt Egger, weshalb hier die deutschen herangezogen würden.

GEFÄHRDUNG.
Doch die Zahl, die nun laut Egger den Standort als geeignet qualifiziert, muss – wie schon die Anzahl der zu erwartenden Tiere – mit Vorsicht genossen werden. Denn sie ergibt sich aus der Berechnung eines Mittelwerts für die Ausbreitung des Geruchs durch den Wind, der tageszeitlich einer starken Schwankung unterworfen ist: Laut Gutachten „sind die Westwinde vermehrt in den Nachtstunden zu finden, während die Ostwinde vermehrt untertags auftreten“. Eine Analyse durch einen Stundenmittelwert ergibt daher ein, den einzelnen Tageszeiten abweichendes Ergebnis. Oberleit sieht außerdem die reine Fokussierung auf die Geruchsbelästigung als zu einseitig an und warnt in seinem Gutachten vor den weiteren zu erwartenden Schäden: ,,Bei einer so großen Menge an freilaufendem Geflügel entsteht ein andauernder Lärmpegel für den Weiler Wald aufgrund der Nähe“ und weiter: ,,Fäkalien von Geflügel enthalten gefährliche bakterielle Keime, Pilze und Endotoxine, die speziell für die Lunge eine Gefahr darstellen. Eine besondere Gefährdung sehe ich für Kinder, da bei einer solchen Belastung sich eine chronische Lungenerkrankung entwickeln kann.“ Sollte das geplante Projekt zugelassen werden, sehe er sich als Sprengelarzt verpflichtet, die Weilerbewohner regelmäßig medizinisch zu kontrollieren und bei einer Zunahme von Lungenerkrankungen dies den Behörden zu melden. Übrigens hat sich laut Anrainern inzwischen auch Jurist und Moderator Peter Resetarits in die Causa eingeschaltet. Die RUNDSCHAU wird weiter berichten.

Für die Berechnung der Geruchsausbreitung wurde ein Stundenmittelwert des Windes herangezogen, der in der Nacht eher aus dem Westen, am Tag eher aus dem Osten kommt.

Rundschau | Ausgabe Imst | Nr.17, 44. Jahrgang | 28./29. April 2021

© Rundschau/Agnes Dorn 2021

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